24. Februar 2017

NEU! Richard David Precht über Die digitale Revolution der Gesellschaft




Veröffentlicht am 24.02.2017
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Digitalisierung! Ein Zauberwort? Was steckt dahinter? Viele fürchten einen bösen Zauber. Industrie 4.0 als Siegeszug der Computer auf Kosten von Arbeitsplätzen. Bildung 4.0 als Abwertung von Menschen? Der Philosoph Richard David Precht setzt auf die Chancen: Die Universalmaschine Computer könnte als ein Hand- und Kopfwerkszeug genutzt werden, das unsere Freiheit vergrößert, die Spielräume erweitert und das Leben reicher macht. Aber das hängt nicht zuletzt von der Bildung ab. Wie werden Menschen urteilsfähig? Nur gut zu funktionieren, stellt sich nun als zu schwache Bildung heraus, die häufig Menschen nur wie Maschinen behandelt. Davon müssen wir uns verabschieden, meint der Philosoph und Bestsellerautor. Reinhard Kahl beginnt nun zum vierten Mal seine Bildungsgespräche in der Autostadt mit Richard David Precht als erstem Gast im Jahr.

Folgen der Digitalisierung

Anderen wiederum war der unter anderem aus dem Fernsehen bekannte Denker und Autor („Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?“, „Die Kunst, kein Egoist zu sein“) noch viel zu zahm und gar nicht schwarzseherisch. Warum auch? Schließlich zeichnete der 50-jährige Philosoph, Verfechter einer Erneuerung der Bürgergesellschaft, in schönster Orwell’scher Manier nur die Vision von einer Gesellschaft, die in etwa 20 Jahren vor allem von Massenarbeitslosigkeit als Folge der Digitalisierung gekennzeichnet sein wird. Weitere Konsequenzen dieser Entwicklung werden etwa autonom fahrende Autos und Maschinen sein, die, wie in Japan bereits geplant, in der Altenpflege eingesetzt werden. Ob Roboter wirklich die Altenpfleger der Zukunft werden? Billig. Nie müde. Nie genervt.

Ob in 20 Jahren wirklich sämtliche Autos abgeschafft und durch einige leichte, umweltfreundliche und vor allem selbst fahrende Exemplare ersetzt sein werden, die die Menschen auf Abruf abholen und zu ihren Bestimmungsorten fahren? Werden in absehbarer Zeit wirklich nur noch wenige Menschen unglaublich viel zu tun haben, weil der ganze Bereich der Fertigung wegbrechen und durch 3D-Drucker ersetzt sein wird? Da in Zukunft die Wunderdrucker Wunschmöbel auf Knopfdruck ausspucken, würden auch die Möbelhäuser alle dicht machen, prognostizierte Precht.

Langweilige Bürojobs werde es auch nicht mehr geben und der Mensch hätte viel mehr Zeit, für was denn eigentlich? Was wird der arbeitslose Mensch mit seiner freien Zeit anfangen? Vielleicht wird er mehr Zeit für seine Kinder und seine Freunde haben, oder auch mehr Zeit zum Philosophieren. Er könnte die Muße haben, sich mit der Lösung der Probleme der Welt zu beschäftigen, über die nachzudenken Merkel und Co. bei ihren 16-stündigen Arbeitstagen nun wirklich keine Zeit mehr übrig hätten. Und wovon wird er dann leben? Möglicherweise von einem „bedingungslosen Grundeinkommen“, dass von einer zukünftigen Regierung eingeführt werden könnte.

„Sie sind ganz schön pessimistisch und machen uns sogar Angst vor der Zukunft“, sagte eine Zuschauerin und forderte vom Philosophen Antworten. Eine andere fragte, ob der Mensch in Zukunft gar unnütz sei und darum abgeschafft werde – was Precht verneinte. Schließlich brauche die Gesellschaft kluge Produzenten und dumme Konsumenten, sonst funktioniere das System nicht. Eigentlich sei es Aufgabe und Pflicht des Philosophen, in dieser Misere eine beratende Funktion einzunehmen, forderte das Publikum. Wenngleich die Gefahr bestehe, dass er doch nur ein Rufer in der Wüste bleibe.

Der Abend machte es wieder einmal deutlich: Philosophie ist ein mühseliges Geschäft, das keine schnellen Antworten gibt und darum im „Kasperletheater der Talkshows“ keinen Platz hat. Doch gibt sie, wenn man sich auf sie einlässt, interessante Denkanstöße und unerwartete Lösungen.

Die Vielfältigkeit der Precht’schen Gedankengänge polarisierte und faszinierte, viele zeigten sich überrascht von der Tiefgründigkeit der Ausführungen, die über die oft geführte Diskussion von Smartphone- und Computerabhängigkeit weit hinausging. Und so war der Abend auch dank der Kommunikationsfreude und völlig unprätentiösen Art des Philosophen eine ausgezeichnete Plattform für interessante Gespräche.




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