CDU-Parteitag: Protest gegen Blockadehaltung der Union zum Parteiensponsoring
Essen, 6.12.2016: LobbyControl hat heute vor dem CDU-Parteitag in Essen gegen die Blockadehaltung der Union beim Parteiensponsoring protestiert. Immer mehr Unternehmen nutzen dieses Schlupfloch im Parteiengesetz, um Parteien auf diesem Wege verdeckt Geld zukommen zu lassen. Auch der CDU-Parteitag wird von zahlreichen Unternehmen mitfinanziert.
Annette Sawatzki, Campaignerin und Expertin für Parteienfinanzierung bei LobbyControl, kommentiert: „Die Union will Lobby-Geldflüsse an die Parteien weiterhin geheim halten. Und das, obwohl eine überwältigende Mehrheit der Bundesbürger/innen und alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien strengere Regeln beim Parteisponsoring fordern. Niemand weiß, welche Unternehmen und Wirtschaftsverbände wieviel an die Parteien zahlen – und wofür. Lediglich CDU und CSU finden das in Ordnung. Die Union exponiert sich zunehmend als Festung für intransparenten Lobbyismus.“
Sawatzki weiter: „Die Union verlängert mit ihrer Blockade einen verfassungswidrigen Zustand. Artikel 21 des Grundgesetzes verlangt, dass die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft ablegen müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht, was das heißt: Die Wählerinnen und Wähler haben das Recht zu erfahren, wer den Parteien wie viel Geld zukommen lässt, um politische und wirtschaftliche Verflechtungen nachvollziehen zu können. Angesichts der zunehmenden Entfremdung vieler Bürger/innen von der Politik ist das Verhalten der Union das falsche Signal.“
Die CDU lässt sich ihren Parteitag von rund 100 Unternehmen sponsern – ohne offenzulegen, wie viel sie zahlen und wofür. „Dabei ist Parteitagssponsoring nur die Spitze des Eisbergs. Unternehmen sponsern auch zahlreiche andere Parteiveranstaltungen. Vorne mit dabei ist der Tabakkonzern Philip Morris, der vor allem der CDU in den letzten Jahren weit mehr Sponsoring-Gelder als Spenden überwies – und zwar vorbei an den Transparenzpflichten des Parteiengesetzes“, sagt Christina Deckwirth, Campaignerin bei LobbyControl.
Die Zahlen sind nur deswegen bekannt, weil Philipp Morris ausnahmsweise seine Sponsoringgelder freiwillig ausweist. „Es ist ein Unding, dass wir auf zufällige, freiwillige Angaben der Sponsoren angewiesen sind - und in den Berichten der Parteien wesentliche Informationen fehlen. Wir brauchen dringend gesetzliche Transparenzpflichten für das Parteiensponsoring“, fordert Christina Deckwirth.
Hintergrund:
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Die „Rent-a-Sozi“-Affäre der
SPD hat das Thema Parteisponsoring zuletzt wieder auf die
Agenda gesetzt. Der Bundestag debattierte vergangene Woche
auf Antrag der Grünen über das Thema. Die SPD hat
angekündigt, Anfang 2017 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der
Parteisponsoring transparent machen soll. Mehr dazu in
unserem Blogbeitrag: https://www.lobbycontrol.de/2016/12/parteisponsoring-im-bundestag-union-muss-blockadehaltung-aufgeben/
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Mehr Informationen zu den
bisherigen Positionen der Parteien zu Parteisponsoring
finden Sie in unseren Lobbyreports 2013 und 2015: https://www.lobbycontrol.de/hintergrundpapiere/
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Sponsoring hat sich in den
vergangenen Jahren zu einer großen Einnahmequelle für
Parteien entwickelt. Neben Parteitagen gibt es unzählige
weitere Veranstaltungen, die von Unternehmen „gesponsert“
werden. Die Rechenschaftsberichte der Parteien geben diese
Geldströme allerdings nur unzureichend wieder. Die im
Bundestag vertretenen Parteien nehmen laut der aktuellsten
Rechenschaftsberichte für das Jahr 2014 rund 32,7 Mio. Euro
für „Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und
sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit“ ein.
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Der Tabakkonzern Philip Morris
hat seine Sponsoring-Zahlungen an die Parteien ausnahmsweise
öffentlich gemacht und gewährt damit einen seltenen Einblick
in das Schattenreich der Parteienfinanzierung. LobbyControl
hat dazu gestern eine Analyse veröffentlicht: https://www.lobbycontrol.de/2016/12/philip-morris/.
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Eine vergangene Woche
veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“ ergab,
dass 87 Prozent der Befragten die derzeitige Intransparenz
des Sponsoring nicht akzeptabel finden. Die Auffassung von
CDU/CSU wird nur von 10 Prozent der Befragten geteilt. http://www.presseportal.de/pm/6329/3497527
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